Der Mensch gleicht einer Zwiebel

Ganz tief im Menschen drin steckt sein guter, von Gott beabsichtigter Wesenskern, der Mensch als Abbild Gottes, wie es die Bibel auf der ersten Seite ausdrückt.
Dieses heilige Innere ist so hoch empfindsam, dass es nur in der absoluten Geborgenheit Gottes unverletzt bleibt, nicht aber in der harten und rauen Wirklichkeit dieser Welt, so dass schon das kleinste Kind von Anfang seiner Lebenslaufbahn an unbewusst seine Panzer schalengleich darum bildet, um die seelischen Verletzungen zu überleben, um robust und überlebensfähig zu werden.

Es hat gar keine andere Wahl; denn die Welt um es herum ist nicht heil. So schottet das Kind und später der Heranwachsende sich im Laufe seines Lebens unausweichlich immer mehr ab, zum einen gegen innen, gegen seinen von Gott geschenkten Wesenskern, und zum andern gegen außen, gegen seine Mitmenschen. Der Mensch verletzt damit andere, um nicht selbst verletzt zu werden.

Damit vergrößert sich sein Abstand zu Gott und zu seinen Mitmenschen.
(Das ist die eigentliche "Sünde" des Menschen. Seine Untaten, sein Unterlassen des Guten, sein Versagen sind nur eine Folge davon. Er wird schuldig. Dass er der Schuld nicht ausweichen kann, nennen die Theologen "Erbsünde".)

Wie dick der Überlebenspanzer wird, wie viele Schalen sich der Mensch aufbauen muss, hängt von seinen Lebensumständen ab. Dieser Schalenpanzer kann so dick werden, dass der Mensch nichts mehr von seinem göttlichen Wesenskern spürt oder spüren will und er deshalb ohne Gewissensbisse zum größten Verbrecher werden kann.
Auch ein Hitler oder Stalin ist als Kind Gottes auf die Welt gekommen.

Das Christentum predigt nun, dass der Mensch sich nicht selbst aus dieser Situation befreien kann.
Er muss sich davon erlösen lassen von einem, dem er sich blind anvertrauen kann, dem "Erlöser". Er muss sich befreien lassen von einem, der ganz von Gottes Geist durchdrungen ist, mehr als irgendein Mensch dieser Welt.
Er muss sich retten lassen von dem "von Gott Gesalbten", also dem "Christos" (griechisch) oder dem "Messias" (hebräisch), wie es die Bibel ausdrückt, und der, wie die Christen glauben, in Jesus von Nazaret Gestalt angenommen hat.

Sich Christus anvertrauen muss man ein Leben lang lernen.
Das erfordert Geduld mit sich selbst, aber es hilft dem Menschen seinen inneren, von Gott gewollten Wesenskern zu erahnen, Schicht für Schicht seine zwiebelgleich aufgebauten Schutzpanzer abzubauen um vielleicht irgendwann so zu werden, wie ihn Gott beabsichtigt hat.

Gebet, Meditation, Schweigen, religiöse Rituale sind Hilfsmittel auf diesem Weg.
Dieser Weg verläuft nicht geradlinig. Rückschläge, neue Schutzpanzer anstelle schon abgebauter alter sind unausweichlich, weil das Leben es halt so mit sich bringt; denn die Welt wird erst am Ende ihrer Zeit eine erlöste Welt sein. Doch das allein bestimmt Gott, nicht der Mensch.

Der Mensch selbst kann sich nur entschließen, sich für Gott zu öffnen, sich zu entriegeln. Jede seelische Schutzschicht, die er dafür aufweichen oder gar ablösen muss, verursacht Schmerz und Angst; denn genau um dies zu vermeiden, hat er sie ja mal aufgebaut.
Schicht für Schicht muss er Trauerarbeit nachholen und durchlebt somit seine ureigene Leidensgeschichte.
Erst danach kommt seine Auferweckung durch und zu Gott.