Ansgar Schanbacher                                                                       Am Burgwartsblick 28

                                                                                                        01705 Freital-Pesterwitz

 

 

                                                                                                   29.9.2006

 

DFJW Nr. D 64

 

Bericht – Job d’été in Pamiers

vom 16. August bis 15. September 2006

 

 

Fast fünf Wochen in Südfrankreich – ein reines Urlaubsvergnügen könnte man denken. Und tatsächlich verging mein Aufenthalt in Pamiers, etwas 70 km südlich von Toulouse im Pyrenäenvorland so schnell, wie in den Ferien.

Schon im April dieses Jahres begann ich mich um eine Arbeit oder ein Praktikum in Frankreich zu kümmern. Ich befand mich gerade noch mitten in meinem Auslandsjahr in Polen, aber wollte sehr gern meine Französischkenntnisse wieder auffrischen und erweitern. Da ich im Sommer 2003 bereits an einem Cours d’été de la langue française in Reims teilgenommen hatte, sollte es diesmal etwas praktischer werden. Im Internet entdeckte ich auf der Seite der Deutsch-Französischen Jugendwerks (DFJW) die Möglichkeit einen vierwöchigen „job d’été“ mit einem Stipendium fördern zu lassen (Kennenlernen und Entdecken – Job in der Partnerstadt). Freital, wo ich wohne, hat keine französische Partnerstadt. So kam ich auf Pamiers, das einen regen Austausch mit Crailsheim (Baden-Württemberg) unterhält.

Am 15. August begann die Reise. Zusammen mit einer Schülergruppe aus Pamiers, die zwei Wochen in Crailsheim verbracht hatte, fuhr ich über Lyon nach Pamiers. Das Städtchen macht schon auf den ersten Blick einen sehr angenehmen Eindruck. Die Altstadt ist von Kanälen umgeben und es gibt sehr viel Grün. Das Zentrum mit seinen mittelalterlichen Kirchen und den Burgberg lernte ich einige Tage später bei einer Stadtführung kennen.

Am Mittwoch fand ich mich dann an meinem Arbeitsplatz für die nächsten Wochen ein: dem Office de Tourisme am Boulevard Delcassé. Es ist am Rand der Altstadt direkt am Park gelegen. Hier gefiel es mir von Anfang an! Das Office befindet sich im ehemaligen Parkaufseherhaus. Es ist durch große Fenster sehr hell und natürlich voller Broschüren, Hefte, Faltblätter und Karten für die zahlreichen Touristen. Zu Beginn machte ich mich mit der Anordnung und Aufstellung aller dieser Informationsmaterialien vertraut und bekam dann einen Platz am Beratungstresen. In den ersten anderthalb Wochen fiel es mir noch ziemlich schwer den Besuchern vernünftige Auskünfte zu erteilen, ich verstand meist die Fragen kaum. So beschäftigte ich mich vor allem mit der Übersetzung eines kleinen Stadtführers und einiger Wanderungen um Pamiers ins Deutsche. Im Lauf der Zeit kam ich mit den Besuchern aber viel besser zurecht, wenn ich auch bis zum Schluss keine Telefongespräche führte… Neben diesen Tätigkeiten im Büro mussten noch Plakate in Pamiers aufgehängt, Prospekte in die Gemeinden des Pays de Pamiers gefahren und Briefe zur Post gebracht werden. Im August kamen noch einige Touristen, im Office waren wir aber nur zu zweit. Die anderen Mitarbeiter waren noch im Urlaub. Im September kehrte sich die Lage um: nun waren wir zu fünft oder sechst, aber der Touristenstrom versiegte. Meine Kollegen waren offen und fröhlich, man konnte sich mit ihnen gut unterhalten und sie gaben Tips bei meinen Übersetzungen. Die weitaus meisten Besucher kamen aus Frankreich, gefolgt von Spaniern, Holländern, Engländern, Italienern und einigen Deutschen. Von Montag bis Freitag arbeitete ich von 9 bis 12 Uhr und von 14 bis ca. 17 Uhr im Büro. So hatte ich die Nachmittage und Wochenenden frei zur Verfügung.

Während der ersten drei Wochen wohnte ich sehr zentral im Haus von Frau Dominique Lafont, der Präsidentin des Vereins Jumelages – Amitiés. Das Haus war gerade im Umbau und ich konnte allein die zweite Etage bewohnen. Von hier aus waren es zu Fuß nur drei Minuten bis zu meiner Arbeitsstelle und fünf Minuten ins Zentrum. Vom 3. September an wohnte ich bei einer Gastfamilie in einem alten Landhaus in Villeneuve-du-Paréage. Dieses kleine, stille, von Feldern umgebene Dorf liegt etwa sechs Kilometer von Pamiers entfernt.

Die Betreuung von Seiten des Partnerschaftsvereins Crailsheim – Pamiers war hervorragend! Von der zweiten Woche an konnte ich bei einem älteren, sehr netten französischen Ehepaar essen. Dabei lernte ich die gesamte Bandbreite der französischen Küche kennen und konnte mich außerdem sehr schön auf französisch unterhalten.

Insgesamt bemühte ich mich so viel wie möglich von der französischen Kultur und dem Leben hier zu erfahren. Deshalb besorgte ich mir gleich am zweiten Tag einen Ausweis in der Mediathek von Pamiers, bei der ich in den folgenden Wochen verschiedene Bücher und französische Musik-CD’s (z.B. Quartette des in Pamiers geborenen Komponisten Gabriel Fauré) auslieh. So begegnete ich Dramen von Albert Camus, Jean Genet und Jean-Paul Sartre, die für mich sehr interessant waren und die ich bisher kaum gekannt hatte. Ich las auch einiges über die Geschichte der Region, die zur Zeit der Religionskriege gegen die Katharer im 13. Jahrhundert ihren tragischen Höhepunkt erreichte. Wichtige Erinnerungen dieser Epoche fanden sich in der Umgebung viele. Zum Teil mit einem geliehenen Fahrrad, mit dem Zug oder im Auto konnte ich Städte wie Foix, von dessen Burg die berühmten Grafen herrschten, Mirepoix, Franjeaux, Toulouse und Albi kennenlernen. Auch die Naturschönheiten der Region wie Höhlen und Berge konnte ich zu einem großen Teil sehen. Mitglieder des Vereins Jumelages – Amitiés unternahmen Ausflüge mit mir, die in die Pyrenäen, nach Ax-les-Thermes, zum Plateau de Baille und nach Bagnères-de-Luchon, sowie nach Toulouse führten. Toulouse gefiel mir besonders gut. In der großen Altstadt mit ihren vielen originellen Backsteinhäusern, engen Gassen, großen Kirchen und ausgezeichneten Buchhandlungen konnte man viele Stunden verbringen.

Im Lauf der Zeit verstand ich französisch auch viel besser als zu Beginn. Trotzdem blieb es bis zum Schluss schwierig, selbst zusammenhängende Aussagen grammatisch korrekt zu bilden. Der Aufenthalt in Pamiers läßt sich insgesamt sehr positiv bewerten. Er ermöglichte mir einen Einblick ins normale Leben der Franzosen, wie es gewöhnlichen Touristen in den allermeisten Fällen verschlossen bleibt, erweiterte mein Wissen über den Süden Frankreichs (das regionale Okzitanisch eingeschlossen) und half mir meine französischen Sprachkenntnisse zu verbessern: für mein Geschichtsstudium ist französische Lese- und Ausdrucksfähigkeit in bestimmten Bereichen so wichtig wie Englisch. Wie ein Intensivkurs Französisch brachte mich der Aufenthalt in Pamiers weiter!

Für die Möglichkeit diese Zeit in Pamiers zu verbringen, danke ich dem Deutsch-Französischen Jugendwerk, und den Städtepartnerschaftsvereinen mit ihren hilfsbereiten Mitgliedern in Pamiers und Crailsheim sehr herzlich!