Normen, Gebote, Gesetz,
 

Friedrich Nietzsche (1844 - 1900):

„Ich lehre euch den Übermenschen. Der Mensch ist etwas, das überwunden werden soll.

Was habt ihr getan, ihn zu überwinden? Alle Wesen bisher schufen etwas über sich hinaus:

und ihr wollt die Ebbe dieser Flut sein? Und lieber noch zum Tier zurückkehren als den

Menschen überwinden? Was ist der Affe für den Menschen? Ein Gelächter oder eine schmerz­-

liche Scham. Und eben das soll der Mensch für den Übermenschen sein: ein Gelächter oder

eine schmerzliche Scham. Ihr habt den Weg vom Wurm zum Menschen gemacht, und vieles

ist in euch noch Wurm. Einst wart ihr Affen, und  auch jetzt noch ist der Mensch mehr Affe

als irgendein Affe. Ich lehre euch den Übermenschen. Der Übermensch ist der Sinn der Erde!

Ich beschwöre euch, meine Brüder, bleibt der Erde treu und glaubt nicht denen, die euch von überirdischen Hoffnungen reden! Giftmischer sind es, ob sie es wissen oder nicht. Verächter

des Lebens sind es, Absterbende oder selber Vergiftete, deren die Erde müde ist: so mögen sie dahinfahren! Einst war der Frevel an Gott der größte Frevel, aber Gott starb, und damit starben auch die Frevelhaften. An der Erde zu freveln ist jetzt das Furchtbarste, und die Eingeweide des Unerforschlichen höher zu achten als den Sinn der Erde!

 

 

1) Von welchen Normen geht der Text aus?                                                                                               5P

2) Wir haben im Unterricht eigene Definitionen zu Norm, Gebot und Gesetz besprochen.

     Beschreiben Sie kurz ihre Eigenschaften.                                                                                             9P

3) Das Christentum beansprucht Einfluss auf die Normenbildung der Menschheit. Wie

    z.B. begründet dies die Kath. Kirche?                                                                                                      6P

4) Der Text ist so ganz anders als christliche Lehre. Welche Normen setzt sie dagegen?           4P

 


Gewissen

 

Viktor Frankl: Was den Menschen zutiefst und zuletzt durchdringt, ist  weder  ein

Wille zur Macht noch ein Wille zur Lust, sondern ein Wille zum Sinn. Und auf Grund

dieses seines Willens zum Sinn ist der Mensch darauf aus, Sinn zu finden und  zu

erfüllen, aber auch anderem menschlichen Sein in Form eines Du zu  begegnen,  es

zu lieben. Beides, Erfüllung und Begegnung, gibt dem Menschen einen  Grund  zum

Glück und zur Lust. Beim Neurotiker aber wird dieses Streben gleichsam abgebogen

in ein direktes Streben nach Glück, in den Willen zur Lust. Anstatt dass die  Lust

das bleibt, was sie sein muss, wenn sie überhaupt zustande kommen  soll,  nämlich

eine Wirkung (die Nebenwirkung erfüllten Sinns und begegnenden Seins), wird  sie

nunmehr zum alleinigen Inhalt und Gegenstand der Aufmerksamkeit. In  dem  Maße

aber, in dem sich der neurotische Mensch um die Lust kümmert,  verliert  er  den

Grund zur Lust aus den Augen - und die Wirkung "Lust" kann nicht mehr zustan-

de kommen. Je mehr es einem um die Lust geht, um so  mehr  vergeht  sie  einem

auch schon.

 

1) Was möchte Frankl über die Begriffe "Sinn", Glück" und "Lust" mitteilen?         6P

 

2) Skizzieren Sie den Gewissensbegriff Viktor Frankls.                                                  5P

 

3) Welche Rolle übernimmt im zitierten Text das Gewissen (nach Frankl)?               4P

 

4) Beschreiben Sie, wie das II. Vatikanum die Rolle des Gewissens sieht.                5P

 

5) Worin unterscheiden sich diese beiden Positionen?                                                  4P

 

Religion
 

aus Religion der Völker S. 59:

 

Die Menschen aller Zeiten erahnen, dass die Welt und das Leben nicht in den Koordinaten des Sichtbaren, Messbaren und Machbaren aufgeht. Religiöse Menschen rechnen mit einer Wirklichkeit, die anders und größer als die empirische ist, von ihr nicht abhängt, sondern sie transzendiert. Diese transzendente Wirklichkeit ergreift und beansprucht den Menschen, sie geleitet und verpflichtet ihn, sie lässt ihn staunen und erschaudern („Mysterium tremendum et fascinosum“). Der Mensch begegnet ihr mit Hingabe und Vertrauen, aber auch mit Furcht und Scheu. Für diese Wirklichkeit haben die Religionen und Weltanschauungen verschiedene Namen: „das Weltprinzip“, „das Sein an sich“, „das Absolute“, „das Transzendente“,  das Numinose“, „das Heilige“, „das Göttliche“, „Gott“. Oft wird die Bezeichnung „Gott“ in dem Bewusstsein ausgesprochen, dass gegenüber der bezeichneten Wirklichkeit eigentlich kein Wort angemessen ist, dass man trotz aller Offenbarung vor einem Geheimnis steht, von dem man eher sagen kann, was es nicht ist, als was es ist.

Für viele stellt sich nun die Frage: Ist der Mensch vielleicht selbst Schöpfer der Wirklichkeit, auf die sich die Religion bezieht? Nicht erst im Anschluss an die Philosophen Ludwig Feuerbach und Karl Marx meinen manche, die Bedürfnisse erst schaffen die Religion. Aber erschafft denn der Hunger das Brot?

 

1) Skizzieren Sie die Positionen von Comte, Feuerbach und Freud.                                       9P

 

2) Welche Rolle kann Religion für das Gefühlsleben, für Sinnfragen des Lebens

    und für die sittliche Ordnung spielen?                                                                                         6P

 

3) Vertiefen Sie den Religionsbegriff des Textes anhand von Beispielen aus den im

    Unterricht behandelten Weltreligionen.                                                                                        6P

 

4) Nehmen Sie Stellung. Wie plausibel halten Sie den Einwand im letzten Satz des Textes

    gegen den Vorwurf „die Bedürfnisse erst schaffen die Religion“?                                      3P

 

Einführung in die Grundhaltung der Bibel

 

1) Beschreiben Sie, wie im Laufe der Geschichte Israels die unterschiedlichen

   Traditionen zum Pentateuch zusammengewachsen sind (mit Jahresangaben).  4P

 

2) Erläutern Sie am Beispiel der biblischen Schöpfungsgeschichten deren

    zeitliche Einordnung und literarische Gestalt, sowie deren Aussageabsichten.  8P

 

3) Erläutern Sie die Begriffe Jahwist, Elohist und Priesterschrift.                                 6P

 

4) Wie sieht die Bibel die Rolle der Gottheit und die Rolle der Menschen

   in der Sintfluterzählung anders als das Gilgamesch-Epos?                                       6P